Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln hat eine Studie zum Thema Steuern vorgestellt. Daraus geht hervor, dass die ärmeren 50 Prozent Netto-Empfänger sind. Wirtschaftsforscher bewerten die Zahlen allerdings sehr unterschiedlich.
Das IW hat all diese Zahlungsströme aufaddiert und zeigt in seiner Studie: Die einkommensärmeren 50 Prozent der Haushalte, also die ersten fünf Dezile, sind Nettoempfänger. Sie erhalten mehr staatliche Transfers, als sie an Abgaben und Steuern zahlen müssen. Bei den reicheren 50 Prozent ist der Saldo aus Abgaben und Transfers dann positiv.
So zahlten die reichsten zehn Prozent im Jahr 2019 durchschnittlich pro Haushalt und Jahr rund 47.600 Euro mehr Steuern und Abgaben, als sie an staatlichen Leistungen erhielten. Beim obersten Prozent der Haushalte waren es sogar über 118.000 Euro. Das erste, sprich ärmste Dezil dagegen erhielt im Saldo über 4.400 Euro mehr Transfers, als es an den Staat abführen musste.
Dennoch macht sich beim ärmsten Zehntel der Haushalte bemerkbar, dass beispielsweise die Mehrwert- und Tabaksteuer oder auch die EEG-Umlage auf Strom nicht vom Einkommen abhängen und – prozentual betrachtet – ärmere Haushalte stärker belasten.
Tatsächlich ist es laut IW-Studie dann auch nicht das ärmste Zehntel, sondern das zweitärmste, das mit über 6.400 Euro vom Staat unterm Strich am meisten bekommt. Verantwortlich dafür sind unter anderem die Rentenzahlungen, von denen besonders viele ins zweite und dritte Dezil gehen.
Das Leistungsfähigkeitssystem in Deutschland funktioniert insgesamt sehr treffsicher", sagt Studienautor Martin Beznoska. Eine Stellschraube zur Optimierung sieht der Ökonom allerdings noch: "Jene, die wenig Lohn bekommen, nehmen nicht immer ihre Leistungsansprüche wahr – beispielsweise das Wohngeld. Würde sich das ändern, würde das die einkommensärmeren Haushalte weiter entlasten."
Die deutschen Forschungsinstitute, Ökonomen, Gewerkschaften und Sozialverbände bewerten solche Zahlen allerdings sehr unterschiedlich. Über die Tatsache, dass die reichsten Deutschen mit Abstand die höchsten Steuern zahlen, besteht zwar Einigkeit, doch divergieren die Schlussfolgerungen, die damit verbunden sind. So sehen Sozialkritiker in solchen Ergebnissen vor allem ein Zeichen starker sozialer Ungleichheit, die durch eine Steuerreform – unter anderem mit einer Vermögenssteuer – reduziert werden müsse.
Tipp: In einem interaktiven Tool des IW Köln, das parallel zur Studie erschienen ist, kann jeder Nutzer herausfinden, wo er im Verteilungsranking steht: Nach Angaben zum Haushaltseinkommen und der Familienkonstellation zeigt das Tool, wie viel Prozent der deutschen Haushalte mehr und wie viele weniger verdienen, wie viele Abgaben an dieser Einkommensposition 2019 durchschnittlich gezahlt und wie viele Transfers empfangen wurden – wahlweise in Euro oder in Prozent des Einkommens.
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Quelle: GLP wid